Mining-Verbrauchrechner: Äquivalent zu Haushalten
Warum Kasachstan das Crypto-Mining einschränkt - und was das mit dem Stromnetz zu tun hat
In den Jahren 2021 und 2022 war Kasachstan der zweitgrößte Bitcoin-Mining-Standort der Welt - nach den USA. Tausende Mining-Farmen, oft in alten Fabrikhallen oder Lagerhäusern, liefen rund um die Uhr. Sie zogen gigantische Mengen Strom ab, um Rechner zu kühlen und digitale Münzen zu generieren. Doch 2023 begann sich etwas zu ändern. Die Stromnetze brachen unter der Last zusammen. In einigen Regionen fiel der Strom mehrmals pro Woche aus. Schulen, Krankenhäuser und Haushalte litten. Die Regierung reagierte - nicht mit neuen Gesetzen, sondern mit Notmaßnahmen: Stromrationierung für Mining-Farmen.
Die Zahlen sind erschreckend. Ende 2024 hatte Kasachstan eine installierte Stromkapazität von 24.641,9 Megawatt. Doch nur 20.428,4 Megawatt waren tatsächlich verfügbar. Warum? Weil das Netz veraltet ist. Über ein Drittel der Kraftwerke ist zu 70-90% abgenutzt. In einigen Regionen liegt der Verschleiß sogar bei 97%. Das bedeutet: Jeder fünfte Kilowatt, der ins Netz eingespeist wird, geht verloren - durch alte Kabel, schlechte Verbindungen, überlastete Transformatoren. In Oral, einer Stadt im Norden, stiegen die technischen Verluste 2023 von 18% auf 13,43%. Das klingt nach Verbesserung - aber 13% sind immer noch doppelt so hoch wie in Deutschland oder Frankreich, wo 6-8% normal sind.
Wie viel Strom verbraucht Crypto-Mining wirklich?
Im Jahr 2022 verbrauchte die Kryptowährungs-Mining-Industrie in Kasachstan etwa 12% des gesamten Stromverbrauchs des Landes. Das sind mehr als die gesamte Stadt Almaty - mit 2 Millionen Einwohnern - verbraucht. Ein einzelner großer Mining-Betrieb kann so viel Strom ziehen wie eine kleine Stadt mit 50.000 Menschen. Und das bei einer Infrastruktur, die kaum noch für den Alltag reicht.
Die Regierung hat keine offizielle Verbotserklärung veröffentlicht. Aber seit Anfang 2023 gibt es praktische Beschränkungen. Mining-Farmen dürfen nur noch zu bestimmten Zeiten laufen - meist nachts, wenn der Verbrauch in Haushalten niedrig ist. In einigen Regionen wurden sie komplett vom Netz genommen, wenn die Spannung fiel. Die Behörden haben auch die Strompreise für Mining-Unternehmen erhöht - bis zu 50% mehr als für private Haushalte. Das Ziel: Nicht verbieten, sondern unrentabel machen.
Einige Farmen haben aufgehört. Andere haben sich nach Russland oder Georgien verlagert. Doch viele bleiben - weil die Stromkosten immer noch niedriger sind als in Europa oder den USA. Die Regierung weiß: Ein vollständiges Verbot wäre politisch riskant. Tausende Menschen arbeiten in der Branche. Steuern fließen. Aber die Energiekrise zwingt zu einem Kompromiss: Kein Verbot - aber keine Freiheit mehr.
Das Stromnetz ist am Ende - und die Erneuerbaren kommen zu langsam
Die Lösung liegt auf der Hand: Erneuerbare Energien. Kasachstan hat Sonne, Wind und Platz - genug, um das ganze Land mit grünem Strom zu versorgen. 2024 stammten nur 6% des Stroms aus Wind und Sonne. Doch die Regierung hat Pläne: Drei neue Windparks mit jeweils einem Gigawatt Leistung sollen bis 2028 gebaut werden. Das ist gut - aber nicht genug. Bis 2025 soll die erneuerbare Energie die Kohle überholen. Doch dafür braucht es nicht nur neue Anlagen - sondern ein neues Netz.
Das bestehende Stromnetz ist nicht dafür ausgelegt, Wind- und Solarstrom aufzunehmen. Die Anlagen produzieren Strom, wenn der Wind weht oder die Sonne scheint - nicht, wenn die Nachfrage hoch ist. Und das alte Netz kann das nicht ausgleichen. Es hat keine Speicher, keine intelligenten Steuerungssysteme, keine flexiblen Kraftwerke. Kohlekraftwerke, die früher als Grundlast dienten, lassen sich nicht schnell hoch- oder runterfahren. Sie sind starr - und blockieren den Ausbau der Erneuerbaren.
Die nationale Netzbetreiberin KEGOC plant einen Nord-Süd-Hochspannungs-Gleichstrom-Leitung (HVDC), die bis 2029 fertig sein soll. Sie soll 2.000 Megawatt zusätzliche Kapazität bringen. Das ist wichtig. Aber es ist ein Tropfen auf den heißen Stein. Bis 2030 könnte Kasachstan einen Strommangel von 15-20% haben - wenn nichts passiert. Und Mining-Farmen werden weiterhin den größten Teil des verfügbaren Stroms verschlingen.
Warum die Regierung nicht einfach alles verbietet
Es gibt eine einfache Antwort: Geld. Die Kryptowährungsbranche hat in Kasachstan über 1,2 Milliarden Dollar investiert. Sie zahlt Steuern. Sie beschäftigt Tausende. Sie bringt Technologie ins Land - auch wenn sie kritisch ist. Ein vollständiges Verbot würde diese Einnahmen sofort wegnehmen. Und es würde die internationale Wahrnehmung schädigen: Kasachstan als Land, das Investoren nicht schützt.
Daher geht die Regierung einen anderen Weg: Regulieren statt verbieten. Mining-Farmen müssen jetzt eine Lizenz beantragen. Sie müssen ihre Stromverbrauchsdaten an die Behörden melden. Sie müssen sich an die Stromverteilungszeiten halten. Wer gegen die Regeln verstößt, bekommt keine neue Stromlieferung - oder wird mit hohen Strafen belegt. Es ist kein Verbot. Aber es ist eine Kontrolle. Und sie funktioniert. Seit 2023 ist der Stromverbrauch durch Mining um 30% gesunken - ohne dass eine einzige Farm offiziell geschlossen wurde.
Was kommt als Nächstes?
2025 wird ein entscheidendes Jahr. Kasachstan will Mitglied im gemeinsamen Strommarkt der Eurasischen Wirtschaftsunion werden. Das bedeutet: Der Strom muss nicht nur innerhalb des Landes stabil sein - sondern auch exportierbar. Und das geht nur, wenn die Netze modernisiert werden. Die Regierung hat dafür 3,8 Milliarden Dollar aus dem Staatshaushalt und aus ausländischen Investitionen bereitgestellt. Aber die meisten Mittel fließen in die Netze - nicht in neue Mining-Farmen.
Die Zukunft sieht so aus: Mining bleibt - aber nur, wenn es nicht den Bürgerinnen und Bürgern den Strom abschneidet. Die Regierung wird weiterhin die Strompreise für Mining erhöhen. Sie wird Smart-Meter einführen, um den Verbrauch genau zu messen. Und sie wird den Ausbau von Solaranlagen auf Dächern von Fabriken und Lagerhallen fördern - damit Mining-Farmen ihren eigenen Strom erzeugen, statt das öffentliche Netz zu belasten.
Der Kampf zwischen Kryptowährungen und Stromversorgung ist kein Kampf zwischen Gut und Böse. Es ist ein Kampf um Ressourcen. Und Kasachstan hat eine einfache Regel aufgestellt: Die Menschen kommen zuerst. Dann die Wirtschaft. Dann die Mining-Farmen.
Wie sieht die Zukunft von Crypto-Mining in Kasachstan aus?
Die Zeiten, in denen man einfach eine große Halle mit ASIC-Minern füllte und Strom aus dem Netz zapfte, sind vorbei. Die neuen Mining-Betriebe müssen nachhaltig sein. Sie müssen mit Solarpanels auf dem Dach arbeiten. Sie müssen in Regionen mit überschüssigem Windstrom sitzen - nicht in Städten, wo die Netze schon überlastet sind. Sie müssen sich an die Regeln halten - oder gehen.
Einige Unternehmen haben bereits reagiert. Ein großer Miner aus Deutschland hat in der Region Atyrau eine Farm gebaut - mit eigenen Solardächern und Batteriespeichern. Er kauft keinen Strom aus dem öffentlichen Netz mehr. Er produziert seinen eigenen. Das ist der Weg der Zukunft. Und Kasachstan wird ihn zwingend beschreiten - nicht weil es will, sondern weil es keine Wahl hat.
Hat Kasachstan ein offizielles Verbot von Crypto-Mining erlassen?
Nein, Kasachstan hat kein offizielles Verbot von Crypto-Mining erlassen. Stattdessen hat die Regierung strenge Beschränkungen eingeführt: Mining-Farmen dürfen nur zu bestimmten Zeiten laufen, müssen ihre Stromverbräuche melden, und erhalten höhere Strompreise. Wer gegen die Regeln verstößt, verliert die Stromversorgung. Das ist eine de facto-Regulierung - kein formelles Verbot.
Warum wird das Crypto-Mining in Kasachstan eingeschränkt?
Weil das Stromnetz überlastet ist. Über ein Drittel der Kraftwerke ist veraltet, und technische Verluste erreichen bis zu 17,4% in einigen Regionen. Das bedeutet, dass viel Strom verloren geht - und nicht mehr für Krankenhäuser, Schulen oder Haushalte übrig bleibt. Mining-Farmen verbrauchen bis zu 12% des gesamten Stroms - und das bei einer Infrastruktur, die kaum noch für den Alltag reicht.
Wie viel Strom verbraucht ein Mining-Betrieb in Kasachstan?
Ein großer Mining-Betrieb kann so viel Strom verbrauchen wie eine Stadt mit 50.000 Einwohnern. Im Jahr 2022 verbrauchte die gesamte Kryptowährungs-Industrie in Kasachstan etwa 12% des gesamten Stromverbrauchs des Landes - mehr als die Stadt Almaty.
Wie viel Prozent des Stroms in Kasachstan kommt aus erneuerbaren Quellen?
Im Jahr 2024 stammten nur 6% des Stroms aus Wind und Sonne. Die Regierung plant, diesen Anteil bis 2025 auf über 15% zu erhöhen, indem drei neue Windparks mit jeweils einem Gigawatt Leistung gebaut werden. Bis 2025 soll erneuerbare Energie erstmals mehr Strom liefern als Kohle.
Was plant Kasachstan, um das Stromnetz zu modernisieren?
Kasachstan baut eine Nord-Süd-Hochspannungs-Gleichstrom-Leitung (HVDC), die bis 2029 2.000 Megawatt zusätzliche Kapazität bringen soll. Außerdem werden Smart-Meter eingeführt, um den Stromverbrauch besser zu steuern. Die Regierung investiert 3,8 Milliarden Dollar in die Modernisierung des Netzes - mit Schwerpunkt auf Verlustreduzierung und Integration erneuerbarer Energien.
1 Kommentare
Die Situation in Kasachstan ist ein Paradebeispiel dafür, wie Energiepolitik ohne langfristige Infrastrukturplanung scheitert. Es ist nicht die Kryptowährung, die das Problem verursacht - sie nutzt nur die Lücken im System aus. Das Netz ist seit Jahrzehnten vernachlässigt worden, während die Regierung lieber auf kurzfristige Einnahmen aus Mining setzte. Jetzt, wo die Folgen sichtbar werden - Schulen ohne Heizung, Krankenhäuser mit Notstromaggregaten - wird plötzlich handeln gefordert. Aber warum nicht vorher? Die gleiche Logik gilt für Kohlekraftwerke: Sie werden als Grundlast gehalten, obwohl sie ineffizient und umweltschädlich sind. Die Lösung ist nicht, Mining zu verbieten, sondern das Netz endlich auf die Zukunft auszurichten: Speicher, Smart Grids, dezentrale Erzeugung. Alles andere ist nur Feuerwehrarbeit.