Koexistenz von Fiat- und Digitalwährungen: Wie traditionelles Geld und digitale Währungen nebeneinander funktionieren

Koexistenz von Fiat- und Digitalwährungen: Wie traditionelles Geld und digitale Währungen nebeneinander funktionieren

Heute leben wir in einer Zeit, in der Bargeld, Banküberweisungen und digitale Währungen wie USDC oder den digitalen Yuan gleichzeitig existieren. Das ist kein Übergang - es ist eine neue Realität. Die alte Welt des Geldes, die seit Jahrhunderten auf Regierungen und Zentralbanken vertraut, trifft auf eine neue Welt, die auf Blockchains, Algorithmen und schnelle Transaktionen basiert. Und beide funktionieren - nicht als Ersatz, sondern als Ergänzung.

Warum brauchen wir beides?

Fiat-Währungen wie der Euro oder der US-Dollar funktionieren, weil sie von Regierungen garantiert werden. Sie sind vertraut, rechtlich abgesichert und akzeptiert, wo immer du hingehst. Aber sie sind langsam. Eine Überweisung von Deutschland nach Nigeria kann drei bis fünf Werktage dauern und bis zu fünf Prozent an Gebühren kosten. Gleichzeitig wächst die Nachfrage nach schnelleren, günstigeren Lösungen - besonders für Menschen, die Geld über Grenzen schicken oder kleine Unternehmen, die international handeln.

Hier kommen digitale Währungen ins Spiel. Aber nicht alle sind gleich. Es gibt zwei Haupttypen: CBDCs (Central Bank Digital Currencies) und Stablecoins. CBDCs sind digitale Versionen von Fiat-Währungen, herausgegeben von der Zentralbank selbst. Der digitale Yuan in China oder die e-Naira in Nigeria sind Beispiele. Sie sollen die Kontrolle des Staates über das Geldsystem bewahren, während sie digitale Effizienz bieten. Stablecoins hingegen sind private digitale Währungen, die an Fiat-Währungen gebunden sind - wie USDC oder USDT. Sie laufen auf öffentlichen Blockchains und sind schnell, billig und global zugänglich.

Wie funktionieren CBDCs wirklich?

CBDCs sind keine einfachen Apps. Sie sind komplexe Systeme, die von Zentralbanken entworfen wurden, um Kontrolle, Sicherheit und Compliance zu gewährleisten. Die Bahamas haben 2020 mit dem Sand Dollar die erste CBDC für die breite Bevölkerung gestartet. Sie nutzen eine zweistufige Architektur: Die Zentralbank verwaltet das Kernledger, während kommerzielle Banken die Kundenkontakte übernehmen. Besonders clever: Der Sand Dollar funktioniert auch offline - mit NFC-Karten, die man wie eine Debitkarte benutzt. Das ist wichtig für Inseln mit schlechter Internetverbindung.

China ist weiter. Der digitale Yuan ist in 26 Regionen im Pilotbetrieb, mit über 261 Millionen Nutzern und 26,4 Milliarden US-Dollar an Transaktionen bis Mitte 2025. Was viele nicht wissen: Der digitale Yuan ist programmierbar. Das bedeutet, dass die Regierung Geld mit Ablaufdatum versenden kann - etwa für Konsumanreize, die nur in bestimmten Geschäften oder innerhalb von 30 Tagen ausgegeben werden können. Das ist eine Macht, die kein Bargeld je hatte.

Aber es gibt Hürden. In Jamaika, wo die JAM-DEX-CBDC 2022 eingeführt wurde, haben 63 % der Bevölkerung das System registriert - aber nur 42 % der Händler akzeptieren es. Warum? Die Kosten für die Anpassung der Kassensoftware liegen bei durchschnittlich 280 US-Dollar pro Terminal. Für kleine Geschäfte ist das zu viel. Die Technik ist da - aber die Infrastruktur nicht.

Stablecoins: Die schnellen, aber unregulierten Spieler

Während CBDCs von Regierungen kontrolliert werden, sind Stablecoins von Unternehmen wie Circle (USDC) oder Tether (USDT) betrieben. Sie sind nicht perfekt - aber sie sind schnell. Eine Überweisung mit USDC dauert weniger als 30 Sekunden und kostet durchschnittlich fünf Cent. Im Vergleich dazu: SWIFT braucht 1-5 Werktage und kostet 3-5 %.

MoneyGram hat das 2022 erkannt. Seitdem senden Kunden Geld mit USDC - von 3 Tagen auf unter 10 Minuten. Die Gebühren fielen von 6,3 % auf 1,8 %. Das ist kein kleiner Fortschritt - das ist eine Revolution für Migrant*innen, die Geld nach Hause schicken. Im zweiten Quartal 2025 verarbeitete MoneyGram 4,2 Milliarden US-Dollar an Stablecoin-Transfers - mit EURC und GBPt als neue Währungen.

Aber Stablecoins haben ein Problem: Sie sind unreguliert. In der EU gelten seit 2024 strenge Regeln (MiCA): Jeder Stablecoin muss 1:1 mit echtem Geld gedeckt sein und täglich geprüft werden. In den USA gibt es noch keine klaren Regeln. Das schafft Unsicherheit. Ein Unternehmen, das in Europa und den USA operiert, muss zwei verschiedene Systeme verwalten. Das ist teuer. Und riskant.

Ein Ladeninhaber in Nigeria versucht, seine Kasse zu aktualisieren, während global digitale Zahlungsnetzwerke verbunden sind.

Wo funktioniert die Koexistenz am besten?

Die stärkste Schnittstelle zwischen Fiat und Digitalwährungen ist der internationale Zahlungsverkehr. 68 % der multinationalen Unternehmen nutzen Stablecoins heute für mindestens einen Teil ihrer Auslandsüberweisungen, wie eine J.P. Morgan-Studie aus 2025 zeigt. Warum? Weil sie die Grenzen zwischen Banken, Währungen und Zeitzonen überwinden. Ein deutsches Startup kann mit USDC an einen Lieferanten in Vietnam zahlen - ohne Umwege über Zwischenbanken, ohne Währungsrisiken, ohne Wartezeit.

CBDCs hingegen sind stark im Inland. Die e-Naira in Nigeria erreichte 11,3 Millionen aktive Nutzer - 17 % der erwachsenen Bevölkerung. Das ist ein großer Schritt zur Finanzierung von Menschen ohne Bankkonto. Aber für grenzüberschreitende Transaktionen? Noch nicht. Nur 37 % der CBDC-Pilotprojekte haben Cross-Border-Funktionen, wie die BIS berichtet. Der mBridge-Test zwischen China, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Thailand und Hongkong ist die Ausnahme: Er verarbeitete seit 2023 bereits 22 Milliarden US-Dollar an Cross-Border-Transaktionen.

Was sagt die Wirtschaft?

Die Meinungen sind gespalten. Agustín Carstens von der BIS warnt: „Unregulierte Stablecoins können die Geldpolitik untergraben.“ Wenn Millionen Menschen ihr Geld von der Bank in USDC verlagern, verlieren Banken ihre Kreditbasis. Das könnte Kredite teurer machen - oder ganz verschwinden lassen.

Andererseits sagt die IWF-Chefin Kristalina Georgieva: „CBDCs können die Finanzinklusion in Entwicklungsländern um 15-20 Prozentpunkte erhöhen.“ In Nigeria hat die e-Naira bereits Millionen Menschen Zugang zu digitalen Zahlungen gegeben - ohne Bankfiliale, ohne Kontoauszug, ohne Unterschrift.

Aber es gibt auch Kritik. Der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz warnt vor „finanzieller Repression“. Wenn CBDCs negative Zinsen programmieren können - wie der digitale Yuan - dann kann die Regierung das Geld der Bürger kontrollieren, indem sie es „verfallen“ lässt, wenn es nicht ausgegeben wird. Das klingt nach Effizienz - aber es ist auch nach Kontrolle.

Drei Schichten des Geldes: Bargeld, Stablecoins und CBDCs, harmonisch als Pyramide dargestellt, ohne Konflikt.

Die Zukunft: Drei Schichten des Geldes

Bis 2027 wird sich das Geldsystem in drei klar definierte Ebenen aufteilen:

  • Erste Ebene: CBDCs - für die Zentralbanken, um Geldpolitik zu steuern, Inflation zu kontrollieren und soziale Programme zu finanzieren.
  • Zweite Ebene: Regulierte Stablecoins - für den internationalen Handel, für Unternehmen, für grenzüberschreitende Überweisungen. Sie sind schnell, billig und global.
  • Dritte Ebene: Traditionelles Fiat-Geld - für diejenigen, die Bargeld lieben, die nicht online sind oder die keine digitale Identität haben.
Diese drei Schichten werden nicht konkurrieren - sie werden koexistieren. Und das ist der Schlüssel. Niemand muss alles aufgeben. Du kannst dein Gehalt auf dem Konto in Euro erhalten, deine Miete mit EC-Karte zahlen, dein Geld für den Urlaub in USDC überweisen - und dein Kleingeld als Bargeld behalten.

Was bedeutet das für dich?

Wenn du ein Einzelhändler bist: Überlege, ob du Stablecoins akzeptierst. Die Kosten sinken, die Geschwindigkeit steigt. Deine Kunden werden es dir danken.

Wenn du ein Verbraucher bist: Nutze CBDCs, wenn sie in deinem Land verfügbar sind - besonders wenn sie Offline-Funktionen haben. Sie sind sicherer als viele Apps, die dein Geld verwalten.

Wenn du ein Unternehmen bist: Teste Stablecoins für internationale Zahlungen. Die Einsparungen sind real. Und sie wachsen.

Wenn du ein Regierungsvertreter bist: Fokussiere dich nicht nur auf Technik - sondern auf Akzeptanz. Eine CBDC, die niemand nutzt, ist nur ein teurer Server.

Was kommt als Nächstes?

Die größte Entwicklung ist nicht eine neue Währung - sondern ein neues System: das „unified ledger“. Zwölf Zentralbanken testen bereits gemeinsame Infrastrukturen, auf denen CBDCs, Stablecoins und sogar tokenisierte Aktien auf derselben Plattform laufen. Das ist kein Science-Fiction - das ist die Zukunft des Geldes. Und sie beginnt jetzt.

Die Koexistenz von Fiat und digitalen Währungen ist kein Übergang. Sie ist die neue Norm. Wer sie versteht, kann sie nutzen. Wer sie ignoriert, bleibt zurück.

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